Uni Tübingen an Bord des Peace Boat
Thema des zweiten Workshops mit Nenad Fiser war Propaganda im Allgemeinen sowie deren Einsatz zur Eskalation des Konflikts in Ex-Jugoslawien im Besonderen. Bereits die Definition von Propaganda war unter den Teilnehmenden zunächst umstritten. Mr. Fisers weite Definition von Propaganda als “engineering of social behavior” löste zunächst Verwunderung aus. So war der Begriff für viele Teilnehmer generell negativ besetzt, während Mr. Fiser Propaganda grundsätzlich wertfrei verwendete, sowohl einsetzbar zum Guten wie zum Schlechten. Dies entscheide sich letztlich lediglich danach, wer von der Beinflussung von Verhalten durch Propaganda profitiere: Profitiere der Adressat, könne dies als “gute Propaganda” verstanden werden. Profitiere jedoch allein der Ausübende von Propaganda, handle es sich um Manipulation bzw. “schlechte Propaganda” zu verstehen. Im Hinblick auf “schlechte Propaganda” wurde dann eine zentrale Frage hinsichtlich von Kriegsverbrechen ausgelöst durch Propaganda aufgeworfen: Wer trägt letztlich die Verantwortung? Die Ausübenden von Propaganda oder die Addressaten, die entsprechend handelten? Diese Frage wird sicherlich im dritten Workshop zum Tribunal für Ex-Juoslawien erneut diskutiert werden müssen.
Hinsichtlich der Rolle von Propaganda im Jugoslawien-Krieg gab Mr. Fiser eindrucksvolle Beispiele, wie die serbische Regierung durch gezieltes Anheizen der Unzufriedenheit und des Gefühls der Bedrohung in der Bevölkerung den Eindruck zu erwecken versuchte, dass nicht sie selbst, sondern die Bevölkerung nach rigiden Maßnahmen gegen die Nachbarrepubliken verlangten. Auch die Wirkung von Bildern und Zeitungsberichten, die zur Erzeugung von Angst in der Bevölkerung beitrug, wurde diskutiert.
Der Workshop regte dazu an, das umgangsprachliche Verständnis von Propaganda, aber auch die Wiedergabe von Sachverhalten in den Medien kritisch zu hinterfragen und verdeutliche erneut, wie es zur Eskalation des Konflikts in Ex-Jugoslawien kommen konnte.
Gina
1 | 2 | 3 | 4In diesem Blog berichten Studierende der Uni Tübingen über die Peace Boat Exkursion 2009. Vom 2. bis 10.10. reisen wir von Izmir (Türkei) über Piräus/Athen (Griechenland), Dubrovnik (Kroatien) nach Civitavecchia/Rom (Italien). Im Rahmen von Workshops und Präsentationen an Bord und während der Landgänge behandeln wir folgende Themen: Vergangenheitsbewältigung, die Kriege in Ex-Jugoslawien, den griechisch-türkischen Konflikt, politischer Islam, etc.
Dieser Blog erfährt Aktualisierungen so wie es uns möglich ist in den Hafenstädten oder über die Satelitenverbindung des Schiffs neue Beiträge online zu stellen.
Die Studienfahrt wird auch in diesem Jahr aus Mitteln der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften und des Unibundes der Universität Tübingen bezuschusst. Wenn Sie Interesse daran haben, dieses Projekt zu unterstützen, wenden Sie sich bitte an das Institut für Politikwissenschaft, Abteilung Internationale Beziehungen, Friedens- und Konfliktforschung der Uni Tübingen.