Daniela über die NGO DESA

Was haben Seidenraupen, Quilts und Orangenmarmelade mit dem Krieg in Ex-Jugoslawien und dessen Bewältigung zu tun? Seka, eine der Mitarbeiterinnen der NGO DESA, hat uns das heute morgen erzählt:

Um während und nach dem Krieg den Weg zurück in die Normalität zu bereiten, wurde DESA 1991 von einigen Frauen für Frauen gegründet – während die Hotels der Stadt mit Flüchtlingen gefüllt waren und es an allem mangelte: Wasser, medizinische Versorgung und vor allem einer Perspektive für die Zukunft. DESA bot den Frauen Handarbeits-Workshops an, in denen sie z.B. Quilts nähten, um diese nach dem Krieg zurück in ihre Dörfer zu nehmen, die sie völlig überraschend verlassen mussten. In diesem Zusammenhang entstand auch das bis heute wichtigste Projekt von DESA: Mit 11 Gramm (in der Unterwäsche einer Mitarbeiterin geschmuggelten) Seidenraupen aus Frankreich fing die Seidenproduktion in einem Flüchtlingshotel an. Heute leben 10 Frauen und ihre Familien von der Herstellung von Seide und traditionellen Trachten.

Sekas Meinung nach bilden Frauen die Grundlage für erfolgreiche Bewältigung der Vergangenheit und für Friedenserziehung: „Wenn Frauen die Welt regieren würden, gäbe es keine Kriege mehr.“ Sie hob hervor, dass die Probleme der Frauen auf allen Seiten den Krieges gleich waren und sind und es deshalb einfacher ist, über die Frauen einen Weg zur Versöhnung zu finden. Außerdem haben die Frauen großen Einfluss auf die Gesellschaft, da sie positive Veränderungen in ihren eigenen Familien bewirken können. Heute liegt der Schwerpunkt der Organisation aber nicht mehr alleine auf dem Angebot an Handarbeitsworkshops für Frauen. DESA setzt sich außerdem für einen verantwortungsvollen und nachhaltigen Tourismus in der Region ein und arbeitet auf internationaler Ebene mit verschiedenen Organisationen zusammen. DESA möchte den Menschen zeigen, dass sie selbst es sind, die etwas verändern können und ist selbst ein toller Beweis dafür.

Dani

Mirka über den Besuch im Kriegsmuseum Dubrovnik

Am Nachmittag haben wir die Ausstellung “Dubrovnik in War Time” des Kriegsmuseum, das in einer Festung oberhalb der Stadt liegt, besucht. Frau Varina Jurica Turk, die Museumsdirektorin, führte uns durch das Museum und referierte über die drei Themen der Ausstellung: den serbischen Angriff 1991, die Befreiungskriege und die Geschichte der zivilen Opfer, der zerstörten Wohngebiete und des Angriffs auf das kulturelle Erbe der Stadt.

Sie berichtete uns ihre Sicht der Ereignisse im Jahr 1991. Sie erzählte wie im Oktober Dubrovnic völlig überraschend von der serbischen Armee angegriffen wurde. In den Hotelanlagen Dubrovnics hatten zu dieser Zeit bereits 50 000 Flüchtlinge aus der Umgebung Obdach gefunden. Im Oktober 1991 wurde die gesamte Stadt von der gut ausgerüsteten 30 000 Mann starken serbischen Armee eingekesselt und von der Wasser- und Stromversorgung völlig abgeschnitten. Der auf dem Hügel vor der Stadt liegende Sendemast des Telekommunikationszentrum war eines der Hauptziele der Angreifer.

Am 6. Dezember 1991 positionierten sich 30 kroatische Soldaten in der Festung neben dem Sendemasten um Widerstand zu leisten und zu kämpfen, parallel dazu stationierten sich ca. 700 kroatische Soldaten in der Stadt – bereit bei einem möglichen Angriff Gegenwehr zu leisten. Der serbische Armee gelang es nicht die Festung einzunehmen und als die Angreifer die in der Stadt stationierten Soldaten sahen, wurde ihnen bewusst, dass die Stadt bei einem Angriff völlig zerstören würden und sie somit für sie nur noch von geringen Nutzen wäre. Also zog sich die serbische Armee zurück, jedoch nicht ohne der Stadt einen enormen Schaden zuzufügen. Sie setzten einen großen Teil der Stadt in Brand und hinterließen die gesamte Umgebung vermint.

Die Soldaten die damals die Stadt verteidigt haben werden noch heute als Helden gefeiert. Das Gesamtkonzept dieses Museums als “Kriegs”- Museum wirkte auf uns befremdlich, dennoch waren wir beeindruckt, wie so kurz nach Ende des Krieges bereits mit der Aufarbeitung des Krieges begonnen wird.

Frau Turk hat 1991 in Zagreb studiert, ihr eigener Großvater wurde durch eine Bombe, die ihn in seinem Hinterhof traf, getötet.

Anschließend berichtete der Kriegsveteran, Herr Djuras, uns aus erste Hand, wie er sich damals, als er sich als Soldat in der Festung befand, fühlte. Er empfand die Situation 1991 so, als hätten er und die anderen keine andere Wahl gehabt, sie wurden angegriffen und mussten reagieren, an einen Erfolg hat er damals nicht geglaubt, er war bereit zu sterben. Jedoch betonte er immer wieder, dass der Krieg ihn zu einem anderen Menschen gemacht hat. Er selbst zweifelt manchmal daran, ob er und seine Kameraden wirklich das Richtige gemacht haben, jedoch weiss er auch nicht, wie sie hätten anders handeln können. Er selbst lehne Krieg jetzt jedoch generell ab und betonte, dass niemand, der 1991 an der Verteidigung Dubrovnics auf kroatischer Seite beteiligt war, jemals vor ein Kriegstribunal gestellt wurde und sich innerhalb des Kriegerischen Rahmens menschlich verhalten habe. Unser Gespräch endete damit, dass Herr Djusras meinte, dass es seiner Meinung nach zwei Sorten von Soldaten gebe, diejenigen die traumatisiert sind und diejenigen, die traumatisiert sind, es aber nicht zugeben.

Nach dem Gespräch fragten wir uns, wie sie wohl reagieren würden, wenn wir selbst und unsere Familien angegriffen werden würden.

Mirka

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Über das Projekt

Über diesen Blog

In diesem Blog berichten Studierende der Uni Tübingen über die Peace Boat Exkursion 2009. Vom 2. bis 10.10. reisen wir von Izmir (Türkei) über Piräus/Athen (Griechenland), Dubrovnik (Kroatien) nach Civitavecchia/Rom (Italien). Im Rahmen von Workshops und Präsentationen an Bord und während der Landgänge behandeln wir folgende Themen: Vergangenheitsbewältigung, die Kriege in Ex-Jugoslawien, den griechisch-türkischen Konflikt, politischer Islam, etc.

Dieser Blog erfährt Aktualisierungen so wie es uns möglich ist in den Hafenstädten oder über die Satelitenverbindung des Schiffs neue Beiträge online zu stellen.

Funding

Die Studienfahrt wird auch in diesem Jahr aus Mitteln der Fakultät für Sozial- und Verhaltenswissenschaften und des Unibundes der Universität Tübingen bezuschusst. Wenn Sie Interesse daran haben, dieses Projekt zu unterstützen, wenden Sie sich bitte an das Institut für Politikwissenschaft, Abteilung Internationale Beziehungen, Friedens- und Konfliktforschung der Uni Tübingen.

Eberhard Karls Universität Tübingen
Institut für Politikwissenschaft
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Fax 07071 - 29 24 17

Kontaktpersonen:
Prof. Dr. Andreas Hasenclever,
Prof. Dr. Thomas Dietz,
Sophia Benz
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